Mutige Männer, geschickte Pferde – Interview mit einem Kök-Börü Spieler

Das Reiterspiel Kök-Börü ist in Kirgistan Nationalsport. Die Schülerinnen Aidana Arzymatova und Adina Taschmatova haben einen Kök-Börü Spieler gefragt, wie er sich auf Spiele vorbereitet. Sie erklären außerdem den Unterschied zwischen Kök-Börü und dem in Kirgistan ebenfalls populären Alaman Ulak.

Beim Kök-Börü versuchen zwei Mannschaften zu Pferde, einen kopflosen Ziegenkadaver ins gegnerische Ziel, eine Art Brunnen, zu werfen. Der Sport ist in Kirgistan sehr populär. Es gibt eine Nationalliga, eine semiprofessionelle Liga sowie Amateur-Teams.

Nurbek Akmatov spielt schon seit 15 Jahren Kök-Börü. „Mein Vater hat sich professionell mit dieser Sportart beschäftigt und Preise gewonnen. Ich habe sein Spiel von Kindheit an begeistert beobachtet. Allmählich ist seine Leidenschaft in meine übergegangen.“

„Einen Ausrutscher von einer Verletzung entfernt“

Zu einem Kök-Börü-Team gehören zwölf Spieler, zwölf Pferde, ein Trainer und drei Pferdetrainer. Ein offizielles Feld ist 200 Meter lang und 70 Meter breit. Die zwei brunnenartigen Ziele („tai kazan“ auf Kirgisisch) haben einen Durchmesser von 3,6 Metern und sind einen halben Meter tief. Sie sind 140 Meter von einander entfernt.

Gelingt das einem von ihnen, reitet er zum gegnerischen tai kazan und wirft die Ziege rein, um einen Punkt zu erzielen. Das Team mit den meisten Punkten, gewinnt (mehr zu den Regeln auf der Webseite der Nomadenspiele). Die erfahrensten Spieler dienen als Schiedsrichter und eine andere Kategorie, „Kalystar“ (Ältesten) sorgen für Fairness im Spiel.

„Für Kök-Börü muss man nicht nur stark sein, sondern auch mutig, denn man ist immer nur einen Ausrutscher von einer ernsthaften Verletzung entfernt. Man braucht auch sehr gute Teamarbeit“, so Akmatov. Er trainiert regelmäßig mit seiner Mannschaft, um sich auf Wettkämpfe vorzubereiten. „Wenn es auf ein ernstes Spiel zugeht, trainieren wir viel und hart. Außerdem spielt das Geschick und die Kraft des Pferdes, mit dem man spielt, eine große Rolle. Es braucht sorgfältige Pflege und das richtige Futter.“

Ursprünglich spielte man mit toten Wölfen

Akmatov zufolge muss ein Kök-Börü-Pferd besondere Eigenschaften haben. „Es muss einen willensstarken Charakter haben, schnell springen können und den Anweisungen des Reiters genau folgen. Es gibt spezielle Pferderassen für die Teilnahme an solchen Wettbewerben. Aber solche Pferde sind sehr teuer und nicht für jeden verfügbar. Deshalb muss man sein Pferd selbst dressieren.“

Die wörtliche Übersetzung des Begriffs Kök-Börü ist „grauer Wolf“. Wenn kirgisische Männer in alter Zeit von der Jagd auf Wölfe zurückkamen, die ihre Rinder- und Pferdeherden angegriffen hatten, versuchte jeder, den Wolfskadaver als erster ins Dorf zu bringen. Wer mit dem toten Wolf auf seinem Pferd zurückkam, warf ihn in die Jurte des Ältesten und galt als der Sieger.

Kök-Börü bei den Nomadenspielen

In ähnlicher Form gibt es den Sport auch in Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan, der Türkei und in Afghanistan. Dort ist er als Buzkaschi (von persisch „buz“ – Ziege und „kaschi“ – etwa greifen, ziehen) bekannt. Das Kök-Börü Turnier ist daher ein wichtiger Teil der internationalen Nomadenspiele, die seit 2014 alle zwei Jahre in Cholpon Ata am Ufer des Issikkölsees stattfinden. 2016 gewann Kirgistan im Finale gegen den großen Nachbarn Kasachstan. Die Eröffungsfeier für die dritten Nomadenspiele fand am 2. September 2018 in Cholpon Ata statt.

Unterschiede zwischen Kök- Börü und Alaman Ulak

In Kirgistan gibt es noch einen dem Kök-Börü ähnlichen Sport, der Alaman Ulak heisst (ulak bedeutet auf kirgisisch „junge Ziege“ ). Anders als beim Kök-Börü gibt es hier keine Teams, es spielt jeder gegen jeden. Beim Ulak versucht jeder Teilnehmer den Ziegenkadaver vor dem Preisrichter abzuwerfen. Der Kadaver ist, da die Ziege jünger ist, leichter als beim Kök-Börü.

Ulak wird oft in Dörfern gespielt, ein reicher Geschäftsmann lobt dann einen Preis aus, z. B. ein Auto oder Vieh. Auf einem Feld in der Nähe des Flughafens der Hauptstadt Bischkek finden von Herbst bis Frühling jeden Samstag inoffizielle Ulakwettkämpfe statt.

Es nehmen mindestens 20 Spieler teil, es können jedoch auch deutlich mehr sein. Im Januar 2018 wurde im Dorf Kara-Tasch in der Region Osch ein Ulak-Spiel mit mehr als 1000 Teilnehmern durchgeführt, das zwei Tage dauerte.

Im Vergleich zum Ulak geht es bei offiziellen Kök-Börü spielen recht geordnet zu.

Das Spiel ist in vielen Ländern Zentralasiens unter verschiedenen Namen bekannt. So spielt man Kök-Börü auch in Kasachstan (Kokpar), Usbekistan (Kopkari), der Türkei (Gökbörü), Tadschikistan und Afghanistan (Bouzkachi).

Bildnachweis: Antoine Beguier, Erik Peterson.

Der Text ist aus einer Zusammenarbeit zwischen Novastan e. V. und dem Goethe Gymnasium im Frühling 2018 entstanden. Der Redakteur Folke Eikmeier besuchte einmal pro Woche den Unterricht und erarbeitete mit den SchülerInnen journalistische Artikel.

Eine Arbeit von SchülerInnen
des Goethe-Gymnasiums in Bischkek, Kirgistan